Nur ein unabhängiger ORF ist zukunftsfit.

Ich bin gefragt worden, ob ich von den Grünen nominiertes und von der Bundesregierung zu bestellendes unabhängiges Mitglied im ORF Stiftungsrat werden will.

Für mich war immer klar:

Diese Position darf nicht parteipolitisch gelebt werden, sie braucht unabhängige, kritisch-konstruktive VordenkerInnen.

Und so sieht es auch das Gesetz vor, dem ich mich verpflichtet fühle: http://bit.ly/2qV251Z

Die Medienwelt erlebt ihre größte Veränderung, bisherige Geschäftsmodelle müssen völlig neu gedacht werden. Linearer Medienkonsum geht verstärkt mit fragmentierter Nutzung auf mehr Plattformen und Devices denn je einher. Gleichzeitig ist die Welt, in der wir leben, so komplex und verbunden wie noch nie.

Klassische Medien müssen sich also neuen Herausfordungen stellen:

Was ist heute ihre Rolle? Wie können sie relevant bleiben? Wie können sie die Welt unparteisch erklären? Wie können sie faktenorientiert berichten und trotzdem Mut zur Haltung zeigen? Vielfalt von Meinungen und Ansichten reflektieren und Raum für Debatten darüber schaffen?

Als Europachefin des größten globalen Unterstützungsnetzwerks für Social Entrepreneurs, Ashoka, habe ich in den letzten Jahren mit hunderten SozialunternehmerInnen weltweit gearbeitet und sie in ihrem Wachstum unterstützt: Menschen, die mit unternehmischem Geist gesellschaftliche Probleme lösen, wie Jimmy Wales, dem Gründer von Wikipedia, Oren Yakobovich, dessen weltweites Netzwerk Menschenrechtsverletzungen auf Kamera bannt und in die Medien bringt, oder die Österreicherin Edit Schlaffer, die Mütter ausbildet, um islamistischen Terror zu stoppen.

Wir haben jede Menge parteipolitisch unabhängige, kreative, mutige und kluge Köpfe in unserem Land. Ihre Ideen, Antworten und Lösungen sind schon da. Die Herausforderung ist nur, schaffen wir es Strukturen zu bauen, in denen sie sich entwickeln und wachsen können?

Ich sehe meine Rolle in diesem Gremium als starke, unabhängige Stimme der Zivilgesellschaft.

Ich möchte den Wandel begleiten, Platz für Innovation und Neues schaffen. Als Mitglied des Aufsichts- und Kontrollgremiums des öffentlich-rechtlichen Rundfunks will ich sicherstellen, dass die besten Köpfe und Talente Raum für ihre Arbeit bekommen, nicht jene, die politisch genehm sind.

In meiner Arbeit war und bin ich immer von der Vision geleitet: Wie können wir gemeinsam eine zukunftsfähige, gerechtere Gesellschaft gestalten? Was braucht es, damit wir uns den Herausforderungen stellen und sie gemeinsam lösen können? Das war das Leitmotiv auch in meiner Rolle als Kultur- und Mediensprecherin im Wiener Landtag. Im Jahr 2010 habe ich mich sehr bewußt gegen eine Karriere als Berufspolitikerin entschieden.

Der ORF ist seinen SeherInnen und seinen GebührenzahlerInnen in ihrer Vielfalt und Unterschiedlichkeit und dem öffentlich-rechtlichen Auftrag verpflichtet, nicht jenen, die Macht haben.

Parteipolitischen Machtspielchen rund um Posten – die letzten Zuckungen einer Politik, die die Zeichen der Zeit noch immer nicht erkannt hat – werde ich nicht mitspielen, sollen doch andere damit ihre Zeit verschwenden.

Als unabhängige – und übrigens ehrenamtliche –  Stiftungsrätin sehe ich meine Rolle darin, den ORF in einer der größten Transformationsphasen der Mediengeschichte dabei zu unterstützen zukunftsfähig zu werden. Damit er seine wichtige Rolle als öffentlich-rechtliches Medienhaus weiter ausfüllen kann.

Es gilt also den Rahmen zu gestalten, der es den exzellenten MitarbeiterInnen des Unternehmens erlaubt ihre Arbeit als ProgrammgestalterInnen, JournalistInnen, TechnikerInnen noch besser und mit Freude zu machen. Dazu gehört Raum zu schaffen für neue Talente, das Nachdenken über die Zukunft, über neue Zielgruppen, neue Formen der Berichterstattung, hochwertige (Eigen-)Produktionen, neue mediale Wege und das Experiment – und das immer damit verbundene mögliche Scheitern – zu ermöglichen.

Und natürlich ist der Stiftungsrat auch ein Kontrollgremium. Hier gilt es auf den kleinen, aber wesentlichen Unterschied zu schauen: Aufgabe ist zu kontrollieren, nicht zu intervenieren.

 

Marie Ringler ist seit 2015 Europachefin von Ashoka. 2011 startete sie Ashoka in Österreich und ist auch Direktorin für die Region Zentral- und Osteuropa. Ashoka unterstützt seit 1980 weltweit mehr als 3600 Social Entrepreneurs mit dem Ziel: Everyone a Changemaker.
Sie studierte Soziologie und Politikwissenschaften an der Universität Wien und hält einen MBA der Hochschule St. Gallen, Schweiz und ESADE Business School, Spanien. Während ihres Studiums war sie bereits am Aufbau des Instituts für neue Kulturtechnologien/Public Netbase beteiligt, einer internationalen Kompetenz-Plattform für die kritische Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien. Von 1998 bis 2000 war Ringler Geschäftsführerin von Public Netbase. Von 2001 bis 2010 war sie Landtagsabgeordnete und Gemeinderätin der Grünen in Wien.

1 comment

  1. Gratulation – durch deine vielen Tätigkeiten und deine soziale, wie auch politische Haltung hast du gezeigt, dass du als unabhängiges Mitglied im ORF Stiftungsrat in der richtigen Position sein wirst.

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